PRESSE



DER ACKERMANN UND DER TOD
Wedeler-Schulauer Tageblatt
28. Februar 2011


Michael Leye überzeugte als gefühlloser Tod . . .


… und als klagender Ackermann.
HASELDORF. Zeugen einer erbitterten Auseinandersetzung mit dem Tod wurden die zahlreichen Zuschauer, die sich auch die zweite Darbietung der spätmittelalterlichen Prosadichtung "Der Ackermann und der Tod" binnen weniger Wochen in Haseldorf nicht entgehen ließen. Hatte die Aufführung erst Ende Januar in der St.-Gabriel-Kirche das Publikum in seinen Bann gerissen, konnte das eher schwer verdauliche Streitgespräch aus der Feder des einstigen Saazer Stadtschreibers Johannes von Tepl (1350-1414) jetzt auch im Haseldorfer Pantheater eine fesselnde Premiere feiern.
Wieder machte sich dabei einmal mehr das perfekte Zusammenspiel zwischen Schauspieler und "Kampnagel"-Mitbegründer
Michael Leye sowie dem Haseldorfer Kirchenmusiker Jörg Dehmel bezahlt. Denn während Leye sowohl als leidenschaftlich klagender, verwitweter Ackermann sowie als gefühlloser, höhnisch-gelassener Tod brillierte, war es Dehmel, welcher musikalisch begleitend mit Cembalomusik von Johann Sebastian Bach aufwartete und zu guter Letzt als Gott über Ackermann und Tod seinen Richterspruch fällte.

"Grimmiger Tilger aller Leute, schändlicher Ächter aller Wesen, schrecklicher Mörder aller Menschen. Ihr, Tod, Euch sei geflucht", lässt der Ackermann in tiefer Trauer über den Verlust seiner Frau Margarete mit schmerzlicher wütender Stimme keinen Zweifel daran, wem er die Schuld am Ableben seines geliebten Weibes anheftet. "Du hast nicht aus der Weisheit Brunnen getrunken; das merke ich an deinen Worten. In der Natur hast Du nicht gesehen. In die Mischung weltlicher Dinge hast Du nicht gelugt; in irdische Verwandlung hast Du nicht geschaut: Ein unverständig Hündelein bist Du", so das Contra des dem Ackermann stets sehr kühl antwortenden Todes, welcher sich hinter seiner großen schwarzen Sonnenbrille versteckt. Und nur allzu abgeklärt in Richtung des auf einer Öltonne sitzenden und vor sich hin schluchzenden Ackermanns spricht.

Bis es ihm am Ende sogar gelingt, seinen Kläger zu beruhigen. Und es schließlich Gott ist, der dem Ackermann zwar Verständnis für Schmerz und Wut zu Teil werden lässt, dem "sich seiner Macht zu sehr rühmenden" Todes jedoch den Sieg zuspricht. "Jeder Mensch ist verpflichtet, dass Leben dem Tod und die Seele Gott zu geben", richten Gottes Worte am Ende der 75-minütigen Darbietung, die vom Publikum mit lang anhaltendem Beifall honoriert wurde.

Schauspieler Jean-Francois Quinque fasst es schon treffend zusammen: "Das ist nicht nur Kunst. Das ist das Leben. Die göttliche Musik Bachs und der kraftvolle Text Tepls werden Gestalt, werden gegenwärtig, erzählen unsere Einsamkeit. Unsere Hoffnung. Wir stimmen zu. So ist es."

Wer das mit zu den bedeutendsten Werken der spätmittelalterlichen deutschen Literatur zählende Schauspiel bislang nicht miterleben konnte oder es nicht kannte, erhält am Sonnabend, 5. März, im Haseldorfer Pantheater (19.30 Uhr) erneut die Gelegenheit dazu. Kartenbestellungen können unter der Rufnummer (0 41 29) 607 vorgenommen werden.

Stephan Hoppe





16. Februar 2011 | 00:10 Uhr | von jac


Kantor Jörg Dehmel (links) und
Michael Leye auf der Bühne. Jacobshagen
HASELDORF. Für alle, die die tief bewegende Aufführung versäumt haben, gibt es eine zweite Chance: "Der Ackermann und der Tod" feiert am Sonntag, 20. Februar, noch einmal Premiere. Diesmal im Pantheater, Haseldorfs kleiner Studiobühne in der Deichreihe 29.

Nicht nur Kunst
sondern das Leben


"Das ist nicht nur Kunst, das ist das Leben", schrieb ein begeisterter Zuschauer, der der mittelalterlichen Debatte um existentielle Sinnfragen in der St.-Gabriel-Kirche gelauscht hatte. Zusammen mit dem immer noch aktiven und nicht wie irrtümlich behauptet ehemaligen Kantor Jörg Dehmel lässt Pantheater-Schauspieler Michael Leye in der Prosadichtung von Johannes von Tepl die Zeit des 14. Jahrhunderts aufleben. Die Pest hat gewütet, Europa ist um ein Drittel seiner Bevölkerung beraubt. Anlass genug für die geistige Elite, sich mit der Frage nach Leben und Tod völlig neu auseinander zu setzen.

Auch Stadtschreiber Tepl tut dies - und zwar in nie dagewesener Wucht und Unerschrockenheit. In seinem Dialog klagt ein Mann, der die geliebte Frau verloren hat, den Tod nicht nur an: Er fordert Rechenschaft. Der Tod wiederum geht darauf ein - und rechtfertigt sich.


Erbitterte Rede
und Gegenrede


In erbitterter Rede und Gegenrede kristallisieren sich ihre unterschiedlichen Menschenbilder heraus, Gerechtigkeit wird zur Ansichtssache. Diesen auch heute noch hochaktuellen Fragen, so Dehmel, diesen " wunderbaren sprachlichen Bildern" fügt der Kantor die Musik des großen Johann Sebastian Bach hinzu.

Die musikalisch-szenische Diskussion beginnt am Sonntag um 18 Uhr, eine zweite Aufführung ist für Sonnabend, 5. März, um 19.30 Uhr geplant. Im Pantheater wird kein Eintritt erhoben. Es wird aber um eine Spende von zehn Euro gebeten.

Das Pantheater in Haseldorf besteht seit einem Jahr und von diesem Zeitpunkt an werden Theaterstücke vor Publikum aufgeführt. Ein weiterer Schwerpunkt sind Vorführungen vor Schülern. Das Theater ist in einer alten Mühle untergebracht. Dort wurden früher bereits Theaterstücke produziert.




15. Januar 2011 | 00:10 Uhr | von cpr

HASELDORF. Nach "Bach in Arnstadt" bringt Kirchenmusiker Jörg Dehmel am Sonntag, 30. Januar, erneut ein historisches Streitgespräch auf die "Bühne" der Kirche St. Gabriel. "Der Ackermann aus Böhmen" heißt das Werk von Johannes von Tepl,
das um 1400 entstanden und erstmals um 1460 im Druck erschienen ist. Darin geschildert wird eine Diskussion zwischen einem Mann, der sich selbst Ackermann nennt, und dem Tod, den er wegen des Ablebens seiner Frau verklagt.
Die Rezitation übernimmt Pantheater-Chef Michael Leye. Dazu spielt Dehmel Orgelwerke von Sweelinck, Bruhns und Bach.

"Der Ackermann aus Böhmen" gilt als eines der bedeutendsten Werke der spätmittelalterlichen deutschen Literatur. Nicht nur wegen seiner Rhetorik, sondern auch aufgrund seiner Bedeutung als sozialgeschichtliche Quelle. Schließlich beinhaltet der Text ein zur damaligen Zeit nicht selbstverständliches Konzept der Ehe als Liebesgemeinschaft.

Beginn der Veranstaltung ist um 18 Uhr. Die Karten kosten sieben Euro, Jugendliche erhalten freien Eintritt. Näheres im Internet auf der Seite www.kirche-haseldorf.de.